DIE STIMME DES
SOZIALARBEITERS

Interview mit Michael Harbaum über Hepatitis‑C-
Versorgungsangebote in der Drogenhilfe

Das Portal für die Suchthilfe: Gemeinsam für ein Leben ohne Hepatitis C

„HEPATITIS‑C-TESTUNG JEDERZEIT!“

Michael Harbaum ist Sozialpädagoge und seit langem in der Drogenhilfe tätig.
Seit 2016 leitet er als geschäftsführender Vorstand die Drogenberatung Düsseldorf e.V.

Michael Harbaum

Hepatitis‑C-Tests bieten wir schon lange an, zunächst im Rahmen einer Kooperation mit der Aidshilfe in Düsseldorf. Im Laufe der Jahre hat der Stellenwert der Erkrankung kontinuierlich zugenommen. Seit wir in das Projekt ‚Das CHECK ich!‘ eingestiegen sind, ist die Hepatitis C ein Schwerpunkt unserer Arbeit.

Grundsätzlich ja. Wir sind ja mit den Klient*innen ohnehin im Gespräch, etwa um Problemsituationen zu erfassen und Lösungen auszuarbeiten. Wenn es sich anbietet, thematisieren wir auch die Hepatitis C. Dabei gehen wir aber immer individuell vor. Manchmal gibt es eine Abwehrhaltung, die man nicht beim ersten Gespräch knacken kann, manchmal haben die Klient*innen gerade andere Prioritäten. Es braucht schon ein Gespür für die Situation.

Wir tun das niedrigschwellig im Rahmen der Beziehung, die wir zu den Klient/innen aufbauen. Zunächst versuchen wir, sie dazu zu motivieren, sich generell um ihre Gesundheit zu kümmern. In diesem Zusammenhang kann man dann auch auf die Hepatitis C hinweisen, darüber informieren und ein Testangebot machen. Viele wissen ja nicht, wie diesbezüglich ihr Status ist. Wichtig ist mir, dass es immer eine Beratung zum Test gibt.

Bei uns macht das oft eine Mitarbeiterin, die auch Krankenschwester ist. Aber man kann eigentlich jede*n Mitarbeiter*in mit geringem Aufwand entsprechend qualifizieren. Dadurch und durch den Wegfall des Arztvorbehalts können wir praktisch jederzeit testen, auch ganz spontan, wenn sich ein*e Klient*in gerade dazu entschlossen hat. Das ist ein großer Vorteil.

Momentan trauen sich noch nicht alle Mitarbeiter*innen zu, die Klient*innen zu beraten und zu testen. Aber wir sind auf dem Weg dahin, mehr und unabhängig von einzelnen Mitarbeitenden zu testen.

Auch das ist eine enorme Verbesserung. Bis vor Kurzem musste man nach der Diagnose erst einmal ein halbes Jahr warten, in dem immer mal was dazwischenkommen konnte und die Behandlung dann doch nicht stattfand. Diese Gefahr besteht heute nicht mehr. Für unsere Zielgruppe ist alles gut, was über kurze Wege, schnell und unkompliziert erreichbar ist.

Wir arbeiten mit mehreren Einrichtungen zusammen, darunter sind Schwerpunktpraxen, mit denen wir sehr gute Erfahrungen machen. Bei anderen ist das Angebot eher auf die Allgemeinbevölkerung zugeschnitten, es passt dann häufig nicht zu den Anforderungen, die sich in der Betreuung von Drogengebraucher*innen ergeben. Dort kann es schon vorkommen, dass Klient*innen eine Behandlung nicht beginnen oder nicht durchhalten. Ideal ist die Zusammenarbeit mit Substitutionspraxen, die ein Interesse haben, die Klient*innen ein bisschen umfassender zu betreuen. Dort tauchen sie sowieso täglich auf, und sie nehmen dann halt zusätzlich noch ein Medikament ein. Aber auch in anderen Praxen stellen wir fest: Wenn es ein paar Mal geklappt hat, dann läuft das plötzlich; wo es aber Vorbehalte gibt, ist es schwierig, überhaupt einen Anfang zu finden.

Es ist natürlich für unsere Klient*innen nicht immer ganz einfach, Termine pünktlich wahrzunehmen oder längere Zeit im Wartezimmer zu sitzen. Aber deswegen von Wartezimmerunfähigkeit zu sprechen, halte ich für unangemessen und stigmatisierend. Daneben gibt es moralische Vorbehalte und auch medizinische. Dann wird die Therapie beispielsweise an Bedingungen geknüpft, wie den Beikonsum einzustellen oder zu reduzieren. Dabei ist Beikonsum heute kein Grund mehr, eine Therapie zu verweigern. Ganz im Gegenteil: Wenn man den Klient*innen ein Problem nimmt, indem man eine Hepatitis C kuriert, kann das dazu führen, dass auch der Beikonsum zurückgeht.

Das Wichtigste ist, dass die tägliche Medikamenteneinnahme unkompliziert erfolgt. Weiter ist es hilfreich, wenn die Klient* innen begleitet werden. Ich sehe da vor allem uns in der Pflicht, aber auch die Ärzt*innen sollten auf Augenhöhe arbeiten und dabeibleiben, wenn es mal schwierig wird. Gut ist es auch, wenn man Peers in die Begleitung einbindet, also Klient*innen, die die Behandlung selbst schon durchlaufen haben. Sie können sehr stabilisierend wirken.

Ich habe vieles von anderen Einrichtungen gelernt. Ich bin hingefahren, habe hospitiert, habe gestaunt. Das ist aus meiner Sicht der einfachste Weg, einen Zugang zum Thema zu finden, Anfangsfehler zu umschiffen und Schwellenängste abzubauen.

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