
Die Stimme des Sozialarbeiters
Interview mit Michael Harbaum über Hepatitis‑C-Versorgungsangebote in der Drogenhilfe
mehr erfahren
Dr. Holger Hinrichsen erklärt im Interview,
wie die Hepatitis‑C-Therapie ein Erfolg wird.
PD Dr. Holger Hinrichsen ist Gastroenterologe und Mitbegründer des Gastroenterologischhepatologischen MVZ in Kiel. Zu seinen Schwerpunkten zählt auch die Behandlung der Hepatitis‑C-Virusinfektion bei Suchtpatient*innen.
In unserem Medizinischen Versorgungszentrum behandeln wir das ganze Spektrum an Hepatitis‑C-Patient*innen angefangen von den Menschen, die sich überhaupt nicht erklären können, wie sie sich infiziert haben, über die 80-jährige Frau, die vor 40 Jahren mal eine kontaminierte Bluttransfusion erhalten hat, bis hin zu Angehörigen der Hochrisikogruppen, wie beispielsweise Drogengebraucher*innen. Sie stellen das Gros der Patient*innen.
Eine eigenständige Drogenberatung gibt es in Kiel nicht. Das, was diese Stellen andernorts leisten, übernehmen bei uns Fachambulanzen. Dort erfolgt auch die Betreuung durch Sozialarbeiter*innen.
Unter den Bedingungen hier in Schleswig-Holstein ist der Schritt tatsächlich nicht so groß, da in den Fachambulanzen ohnehin Ärzt*innen vor Ort sind. In anderen Regionen – wo psychosoziale Beratung und ärztliche Betreuung nicht so eng verzahnt sind – sieht das aber anders aus. Dort ist es extrem vorteilhaft, wenn Testungen von Mitarbeiter*innen der Drogenhilfeeinrichtungen vorgenommen werden können, ohne dass ein*e Arzt*Ärztin vor Ort sein muss.
Wir kooperieren mit suchtmedizinischen Praxen und Fachambulanzen in der Region. Dort findet in der Regel auch die Hepatitis‑C-Testung statt. Patient*innen mit einem positiven Befund können dann zur Therapie zu uns überwiesen werden, zumindest, wenn sie in einigermaßen stabilen Umständen leben. Manchmal haben aber auch andere Dinge Priorität, sei es, dass die Betroffenen an anderen Infektionskrankheiten leiden, obdachlos sind, oder dass ihnen eine Justizvollzugsmaßnahme droht.
Abgesehen von einem Virusnachweis, also einem positiven PCR-Test, steht an erster Stelle die Motivation. Die haben aber praktisch alle, die zu uns kommen, sonst wären sie diesen Weg nicht schon so weit gegangen. Wenn sie dann noch erfahren, wie verträglich die Arzneimittel sind, und dass sie es wert sind, damit behandelt zu werden, dann ist das zusätzlich bestärkend.
Richtig, wir müssen vor dem Behandlungsbeginn nicht mehr sechs Monate lang warten, um sicher zu sein, dass die Hepatitis C chronisch ist. Es reicht, auszuschließen, dass die Erkrankung in einem akuten Stadium ist, dann können wir als behandelnde Ärzt*innen sofort mit der Therapie beginnen.
Suchtpatienten*innen – zumal, wenn sie nicht substituiert werden – leben häufig in instabilen Verhältnissen. Wenn sie nach der Diagnose sechs Monate warten müssen, kann dem Therapiestart viel in die Quere kommen. Andere Dinge werden wichtiger, es können psychische Probleme auftreten, es findet ein Ortswechsel statt. Früher haben viele Suchtpatienten*innen die Behandlung daher gar nicht angetreten. Damit entging ihnen die Chance auf Heilung und sie konnten weiter andere Menschen anstecken. Insofern ist ein Therapiebeginn sofort nach der Hepatitis‑C-Diagnose ein großer Fortschritt.
Die Therapie dauert acht bis zwölf Wochen. In dieser Zeit sollte gewährleistet sein, dass die Tabletten regelmäßig eingenommen werden, denn die Therapie ist umso erfolgreicher, je seltener Dosen ausgelassen werden. Daher ist es hilfreich, wenn Patient*innen während der Therapie ortsgebunden bleiben. Es gibt zwar Studien, die zeigen, dass man auch Obdachlose erfolgreich behandeln kann. Aber was ist, wenn ein*e Patient*in woanders hingeht, wo kein*e Arzt*Ärztin ist, der*die ihm ein Rezept ausstellt, und keine Drogenberatung, die ihn unterstützt?
Als Ärzt*in sollte man Suchtpatient*innen akzeptieren, wie sie eben sind, sich von der Vorstellung lösen, dass sie alle möglichen Vorgaben befolgen, und ihnen wertschätzend begegnen. Ich habe großen Respekt vor diesen Menschen, die versuchen, aus dem Sumpf, in den sie hineingeraten sind, herauszukommen. Es ist die Kunst der Ärzt*innen, aber auch der medizinischen Fachangestellten, das zu sehen und auf jede*n einzelne*n Patient*in einzugehen. Das zahlt sich dann auch aus. Von allen Suchtpatient*innen, die ich im vergangenen Jahr wegen einer Hepatitis C behandelt habe, haben lediglich zwei die Therapie abgebrochen. Was schon auffällt: Es gibt eine relevante Zahl an Patient*innen, die nach der letzten Tablette nicht mehr kommen, um die Viruslast nochmal messen zu lassen und so den Therapieerfolg zu bestätigen. Angesichts der Heilungsraten von nahezu 100 Prozent spielt das aber keine so große Rolle. Das größere Problem besteht darin, die Infizierten zu finden und in Behandlung zu bringen.
Als ich 1990 mein Examen machte, wurde das Hepatitis‑C-Virus gerade entdeckt. Es wäre toll, wenn ich zum Renteneintritt sagen könnte: Wir haben es geschafft, das Virus zu eliminieren. Bis dahin werde ich alles dafür tun, dass das gelingt.
Die Stimme des Sozialarbeiters
Interview mit Michael Harbaum über Hepatitis‑C-Versorgungsangebote in der Drogenhilfe
mehr erfahrenNiedrigschwellige Testung
Gilead unterstützt Test-Aktionen gemeinnütziger Organisationen
Kontakt aufnehmenAus der Praxis
Möchten Sie sich darüber austauschen, wie auch Ihre Einrichtung mehr für ein Hepatitis‑C-freies Leben ihrer Klient*innen tun kann?
Kontakt aufnehmen